top of page

Das Zusammenspiel aus Training, Regeneration und Leistungsveränderungen – Ein Überblick:

Regeneration ist nicht nur ein essentieller Teil des gezielten Trainingsprozesses, sondern auch ein hoch komplexer Vorgang, welcher auf verschiedenen physiologischen Ebenen und in unterschiedlichen zeitlichen Dimensionen abläuft.

Dieser Artikel soll dabei helfen aufzeigen, wie komplex das Thema wirklich ist, geht dabei auf ausgewählte Vorgänge ein und bringt ausgewiesene Beispiele, während er gleichzeitig versucht dieses hinsichtlich praktischer Anwendbarkeit anschaulich zu vereinfachen.

Grundlage dafür bildet der von Skorski et al. (2019) verfasste Review, wie auch ausgewählte zusätzliche Literatur.


Keep it Simple?

Grundkonzept: Training induziert Stimuli, welche den Körper aus der Homöostase bringen und Ermüdung hervorrufen, welche nach optimal gestalteter Regeneration in verbesserter Leistung resultieren.


Vereinfacht dargestellt durch Harre (1970)


Die Grafik zeigt, dass für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit ein Belastungsreiz und Erholung notwendig ist.


Ist Regeneration doch komplexer, als gedacht?

Dieses Modell in die Praxis umzulegen ist nicht so einfach, wie erstmal angenommen (Hottenrott, 2021; Mujika et al. 2018). Durch unterschiedliche Periodisierungen kommt es hier in einzelnen Mikro- und Mesozyklen zu aneinandergereihten, bzw. sich überlappenden Trainingsreizen. So folgt auf eine Belastung nicht automatisch auch unmittelbar Ruhe. Diese kann nach Mujika et al. (2018) für maximierte Anpassungen bewusst zurückgehalten, oder für einzelne Trainings, Wettkämpfe oder Wettkampfperioden gezielt induziert werden.

Um das Ganze noch zu verkomplizieren, werden mit einzelnen Reizen differenzierte Ziele verfolgt, welche auf unterschiedlichen physiologischen Ebenen wirken und somit auch voneinander unabhängige Regenerationsprozesse und Zeiten nach sich ziehen.


Metabolische Regeneration:

Während Laktatabbau, Normalisierung von PH-Levels oder beispielsweise Phosphokreatin die kurzzeitige Regeneration betreffen, reduzieren energetisch fordernde Belastungen den Füllungsstatus von körpereigenen Speichern über einen längeren Zeitraum hinweg. Eine vollständige Wiederherstellung der

der Glykogen Speicher nimmt z.B. 2-3 Tage in Anspruch.


Neuromuskuläre Regeneration:

Training kann sich in mechanischen Veränderungen der Muskelfasern niederschlagen. Die volle muskuläre Leistungsfähigkeit nach solchen Belastungen wiederherzustellen, kann je nach involvierter Muskelmasse und Intensität 24-96h dauern.


Zentrale Regeneration:

Die neuromuskuläre Funktion des Nervensystems (NS) lässt sich auf zentraler Ebene vereinfacht in der Synthese und dem Metabolismus der Neurotransmittern Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin zusammenfassen. Die Rückkehr zu entsprechenden Ausgangslevels nimmt wenige Stunden in Anspruch.

Supraspinale Ermüdung äußert sich in der verminderten Innervationsfähigkeit (VA) der Muskulatur. Diese kann nach wiederholten intensiven Belastungen über längere Zeit beeinträchtigt sein (z.B. bis zu 48h nach einem Fußballmatch).

Eine größere Rolle spielen jedoch wohl längere Ausdauerbelastungen und die dadurch beeinträchtigte Gehirnaktivität, welche sich unter anderem in verminderter Leistungsfähigkeit bei komplexen Bewegungsaufgaben äußern kann.


Kardiovaskuläre Ermüdung:

Kardiovaskuläre Parameter, wie der Cardic Output, werden unteranderem durch eine belastungs- oder umweltinduzierte negative Flüssigkeitsbilanz beeinträchtigt, deren Normalisierung bis zu 6h in Anspruch nehmen kann.

Die höchstmögliche Erregbarkeit des autonomen Nervensystems ist in etwa nach 48h wiederhergestellt. Betreffende Parameter, wie die maximale Herzfrequenz können jedoch auch mehrere Tage nach Training und Wettkampf noch vermindert, oder bei submaximaler Belastung erhöht sein (muss beachtet werden, wenn das Training nach HF gesteuert wird!).


Leistungsfähigkeit:

Während maximale muskuläre Leistungsfähigkeit erst wieder nach 12-72h wiederhergestellt ist, muss angestaute Ermüdung nicht

automatisch auch eine verminderte Leistungsfähigkeit bei längeren Ausdauerleistungen bedeuten.


Planung in Training und Wettkampf:

Sowohl zu kurze als auch zu lange Regenerationsphasen können sich in verminderter Trainingsanpassung, wie auch verminderter Leistungsfähigkeit wiederspiegeln. Optimal gestaltet, bringen sie jedoch die Möglichkeit mit höherer Intensität, häufiger zu trainieren und so einen höheren Umfang zu realisieren.

Nach Mujika et al. (2018) kann beispielsweise in der allgemeinen Vorbereitungsperiode eine erhöhte Ermüdung in Kauf genommen werden.

Auf der anderen Seite gibt es spezifische Trainingseinheiten, wie auch Wettkampfphasen, wo Erholung essenziell ist um die gewünschte Qualität, bzw. Leistung erbringen zu können. Übergeordnetes Ziel bleibt immer eine Adaption bei

gleichzeitiger Vermeidung eines chronischen Overreachings.


Gibt es Werte an denen man sich orientieren kann?

Kreatin Kinase, C-reaktives Protein, VA, der Füllungsstatus der Glykogenspeicher oder auch der subjektiv wahrgenommene Regenerationsstatus bilden Beispiele für Marker die mit Regenerationsvorgängen in Verbindung gebracht werden können. Diese korrelieren jedoch nicht automatisch mit der Leistungsfähigkeit und verlaufen sehr unterschiedlich, was durch die nachfolgende, von Skorski et al. (2019) in Anlehnung an Bessa et al. (2016) und Peak et al. (2017) erstellte Grafik, veranschaulicht wird.

Zeitliche Regenerationsabläufe nach Skorski et al. (2019) in Anlehnung an Bessa et al. (2016) und Peak et al. (2017)


Zusammengefasst kann Regeneration als höchst komplexer Vorgang betrachtet werden, welcher teilweise noch nicht ausreichend erforschten Prozessen zugrunde liegt. Darüber hinaus muss dieser an spezifische Ziele orientiert und so in den langfristigen Trainingsprozess eingebunden werden. Die Individualität, wie auch innervierende äußere Einflüsse bilden zusätzliche Faktoren, welche in der Findung eines optimalen Gleichgewichts auf Belastung und Entlastung eine Rolle spielen.


Verwendete Literatur:

Bessa, A.L., Oliveira, V.N., Agostini, G.G., Oliveira, R.J., Oliveira, A.C., White, G.E., Wells, G.D., Teixeira, D.N., Espindola, F.S. (2016) Exercise Intensity and Recovery: Biomarkers of Injury, Inflammation, and Oxidative Stress. J Strength Cond Res. 30(2):311-9.


Harre, D. (1970). Trainingslehre. Einführung in die allgemeine Trainingsmethodik. Berlin: Sportverlag.


Hottenrott, K. (2021). Zwischen Mythos und Wissenschaft - Das Modell der Superkompensation. Laufzeit. 3; 21:36-39.


Mujika, I., Halson, S., Burke, L. M., Balagué, G., & Farrow, D. (2018). An Integrated, Multifactorial Approach to Periodization for Optimal Performance in Individual and Team Sports. Int J Sports Physiol Perform. 1;13(5):538-561.


Peake, J.M., Neubauer, O., Della Gatta, P.A., Nosaka, K. (2017) Muscle damage and inflammation during recovery from exercise. Journal of Applied Physiology. 122(3):559-570.


Skorski, S., Mujika, I., Bosquet, L., Meeusen, R., Coutts, A. J., & Meyer, T. (2019). The Temporal Relationship Between Exercise, Recovery Processes, and Changes in Performance. Int J Sports Physiol Perform, 1;14(8):1015-1021.

182 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Low-Intensity-Training (LIT) Part 2

Analyse/Auswertung von LIT Einheiten Im ersten Blogpost dieser Serie widmeten wir uns einem Teil des Trainings, welcher in der Wissenschaft womöglich nicht die verdiente Aufmerksamkeit bekommt. In den

bottom of page