In diesem Sportscience Blog wird das Thema Nüchterntraining (fasted training) und einige der wichtigsten Anpassungen näher betrachtet. Hinter dem Training im nüchternen Zustand steht die Überlegung, den Fettstoffwechsel und die Fettverbrennung zu verbessern.
Das Nüchterntraining ist gekennzeichnet durch eine zuvor stattfindende Fastenperiode. Fasten ist wiederum gekennzeichnet durch die fehlende Aufnahme von Nahrung bzw. energiehaltigen Getränken, über einen Zeitraum von wenigen Stunden bis hin zu ein paar Wochen (Longo und Mattson 2014). Der Großteil der Menschen fastet üblicherweise zwischen acht und zwölf Stunden täglich, hauptsächlich während der Nachtstunden. Während des Fastens treten im Körper metabolische Veränderungen auf, um Kohlenhydrate zu sparen. Es wird vermehrt auf Fette zurückgegriffen, welche in dieser Zeit als Energielieferanten dienen. Weiteres steigt die Rate der Glukoneogenese aus Aminosäuren, Glycerol und Ketonkörpern (Glukoneogenese bezeichnet die Glucose Resynthese aus Nicht-Kohlenhydraten) (Maughan et al. 2010). Nüchterntraining wird also üblicherweise und aus praktischen Gründen in den Morgenstunden bzw. vor dem Frühstück durchgeführt.
Glykogen
Regelmäßiges Training im nüchternen Zustand steigert die Größe der Glykogenspeicher in der Muskulatur (van Proeyen et al. 2011; Stannard et al. 2010). Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Steigerung der Insulinreaktion nach dem Training. Dies trägt zu einer schnelleren Glyokogenresynthese in der Muskulatur bei (Bock et al. 2008).
Folgende Abbildung zeigt die Auswirkungen des Trainings im normalen vs. nüchternen Zustand. Bei jener Gruppe, die im Zuge einer Trainingsintervention mehrere Trainingseinheiten im nüchternen Zustand absolviert hat, sinkt der Glukosepiegel bei der selben Belastung im Vergleich zur normalen Trainingsgruppe in einem signifikant niedrigeren Ausmaß (getestet wurde dies bei konstanter zweistündiger Ausdauerbelastung).
Abbildung 1: van Proeyen et al. 2011
Oxidative Enzyme and Kapillardichte
Training im nüchternen Zustand steigert im Vergleich zu normalem Training die Citrat-Synthase Aktivität (Enzym, welches bei der aeroben Energiebereitstellung benötigt wird) in einem größeren Ausmaß. Weiters steigt durch die beschriebene Trainingsform die Beta Oxidation (dies ist der biochemische Abbauprozess von Fettsäuren) in einem größeren Ausmaß als durch normales Training. Die Kapillardichte verbesserte sich laut der Studien von (van Proeyen et al. 2011) in beiden Trainingsgruppen um etwa 10%. Dies war in den beiden Muskelfasertypen I und IIa nachzuweisen, jedoch zeigte sich hierbei kein Unterschied zwischen der Trainingsgruppe, die im nüchternen Zustand trainierte und jener Gruppe, die vor und während dem Training Kohlenhydrate zugeführt hat.
IMTG
Vergleicht man die IMTG (intramuskuläre Triglyceride) Konzentration in den Muskelfasern bei normalem Training und Nüchterntraining zeigt sich, dass nach der nächtlichen Fastenperiode das IMTG in den Typ I Fasern nach einer Trainingseinheit (im niedrig intensiven Bereich) um etwa 60% abnimmt. Im Gegensatz dazu, sinkt die IMTG Konzentration nicht, wenn vor und während dem Training Kohlenhydrate zugeführt werden. Dies führt zu der Annahme, dass die Energiebereitstellung mittels intramuskulärer Triglyceriden bei Ausdauerbelastungen, durch eine Kohlenhydrataufnahme vor und während des Trainings womöglich verhindert bzw. vermindert wird. Im Gegensatz dazu, scheint es möglich, intramuskuläre Triglyceride beim Nüchterntraining zur Energiebereitstellung zu verwenden. Betrachtet man die IMTG Konzentrationen in den Typ IIa Fibern, zeigt sich, dass sich diese bei beiden Trainingsmethoden nicht signifikant verändert (Bock et al. 2008).
Abbildung 2: Bock et al. 2008
Diese Abbildung zeigt die IMTG Konzentration in Typ I Muskelfasern vor dem Training, direkt nach einer Trainingseinheit und weitere vier Stunden danach. Dabei ist die signifikante Verringerung der IMGT Konzentration, nach der Trainingseinheit, bei der nüchtern-Gruppe deutlich zu erkennen.
Schlussfolgerung
Nüchterntraining kann im Vergleich zum selben Training in nicht nüchternem Zustand (=bei selber Intensität/Dauer) höhere biochemische Anpassungsprozesse hervorrufen (Stannard et al. 2010). Vor Allem die oxidative Kapazität kann in einem größeren Ausmaß gesteigert werden, als wenn vor- und während der Trainingseinheit Kohlenhydrate zugeführt werden. Somit kann Nüchterntraining ein sinnvolles Instrument zur Leistungssteigerung im Trainingsprozess sein (van Proeyen et al. 2011). Insbesondere bei zeitlicher Limitierung kann Nüchterntraining daher ein sinnvoller Bestandteil des Trainingsplanes sein.
Nichtsdestotrotz sollte im Auge behalten werden, dass im nüchternen Zustand bei eher niedrigen Intensitäten/Umfängen trainiert werden sollte. Laut van Proeyen et al. (2011) ist zu beachten, dass die Kohlenhydratzufuhr vor- und während dem Training höhere Trainingsintensitäten und Umfänge ermöglicht und dadurch auch größere Trainingsreize ausgelöst werden können.
Nüchterntraining sollte sorgfältig in den Trainingsplan implementiert werden. Die Sinnhaftigkeit dieser Trainingsmethode ist abhängig von der Sportart, deren Anforderungen, der Trainingsperiode und vielen weiteren Aspekten. Sinnvoll ist dieses Training vor allem bei Ausdauersportarten, bei welchen der Fettstoffwechsel eine signifikante Rolle spielt. Ein weiterer Faktor, der in Beachtung gezogen werden sollte ist unteranderem die VLamax (maximale Laktatbildungsrate). Bei Sportarten, in denen eine möglichst niedrige VLamax von Bedeutung ist, kann Nüchterntraining eventuell dabei helfen diese zu senken. Generell sollte nicht nur das reine Nüchterntraining in Betracht gezogen werden, denn auch eine angepasste und periodisierte Kohlenhydratzufuhr kann, wenn diese richtig eingesetzt wird, ein wichtiger Bestandteil des Trainingsprozessess sein.
Verwendete Literatur
Bock, K. de; Derave, W.; Eijnde, B. O.; Hesselink, M. K.; Koninckx, E.; Rose, A. J. et al. (2008): Effect of training in the fasted state on metabolic responses during exercise with carbohydrate intake. In: Journal of applied physiology (Bethesda, Md. : 1985) 104 (4), S. 1045–1055. DOI: 10.1152/japplphysiol.01195.2007.
Longo, Valter D.; Mattson, Mark P. (2014): Fasting: molecular mechanisms and clinical applications. In: Cell metabolism 19 (2), S. 181–192.
Maughan, R. J.; Fallah, J.; Coyle, Edward F. (2010): The effects of fasting on metabolism and performance. In: British journal of sports medicine 44 (7), S. 490–494.
Stannard, Stephen R.; Buckley, Alex J.; Edge, Johann A.; Thompson, Martin W. (2010): Adaptations to skeletal muscle with endurance exercise training in the acutely fed versus overnight-fasted state. In: Journal of science and medicine in sport 13 (4), S. 465–469.
van Proeyen, Karen; Szlufcik, Karolina; Nielens, Henri; Ramaekers, Monique; Hespel, Peter (2011): Beneficial metabolic adaptations due to endurance exercise training in the fasted state. In: Journal of applied physiology (Bethesda, Md. : 1985) 110 (1), S. 236–245. DOI: 10.1152/japplphysiol.00907.2010.
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