Der erste Blogeintrag unserer Low-Intensity-Training (LIT) Serie widmet sich der Erläuterung des LIT (in der Praxis häufig auch als Grundlagentraining bezeichnet) Trainings. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Relevanz von Trainingseinheiten mit niedriger Intensität, unter Einbindung der Literatur aufzuzeigen, sowie konstruktive Ratschläge und Tipps für das Training zu geben.
Die Intensität des Trainings kann durch verschiedenste mechanische- (Leistung - Watt) und physiologische Parameter (Herzfrequenz, Laktat, VO2, …) kategorisiert werden. Aerobes Ausdauertraining spielt sich laut Seiler (2010) innerhalb eines Bereiches von 50% bis 100% der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) ab. Dieser Bereich wird in der Praxis in bis zu 7 Intensitätszonen gegliedert. Um dieses komplexe Thema etwas zu vereinfachen, gliedern wir den oben genannten Bereich in lediglich 3 Zonen (Seiler, 2010). Zone 1 erstreckt sich bis zum ersten Anstieg der Blutlaktatkonzentration während einer stufenförmigen Belastungssteigerung (= Lactate Turnpoint 1). Der zweite markante Anstieg der Blutlaktatkonzentration während einer stufenförmigen Belastungssteigerung (= Lactate Turnpoint 2) bildet das Ende der Zone 2. Alles über den zweiten Lactate Turnpoint wird als Zone 3 definiert.
Abbildung 1: Intensitätszonen nach Seiler (2010). Einteilung der Zonen auf Basis von der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max), des Lactate Turnpoints (LT1/LT2), des maximalen Lactate Steady States (MLSS) und der ventilatorischen Schwellen (VT1/VT2).
Low Intensity Training wird als Training über einen längeren Zeitraum mit niedriger Intensität, im zuvor beschriebenen 3-Zonen-Modell häufig als Training in Zone 1 (<LT1, <VT1, <2mmol/l Blutlaktat) definiert (Arne et al., 2009; Seiler 2010). Hunter & Coggan (2010) beschreiben LIT als Training unter 75% der Functional Threshold Power (FTP).
In einem Review über die Trainingsintensitätsverteilung analysierte Seiler (2010) die Trainingsintensitäten von professionellen Ausdauerathletinnen und Athleten. Er stellte größtenteils eine polarisierte Intensitätsverteilung fest, wobei ca. 80% des Trainings in der Zone 1 absolviert werden. Torvik, Solli & Sandbakk (2021) stellten bei männlichen Weltklasse Langdistanz Langläufern während ihrer erfolgreichsten Saison einen Anteil von 88% in der Zone 1 fest. Dies belegt die Relevanz des LIT Trainings in der Trainingspraxis im Profibereich. Weiters zeigte eine 4-jährige Analyse von professionellen Radsportlerinnen und Radsportlern über alle Einheiten eine durchschnittliche Leistung von 2,64 W/Kg (Männer) und 2,30 W/Kg (Frauen). Diese Werte entsprechen einem durchschnittlichen Intensitätsfaktor von 0,59 (Männer) und 0,66 (Frauen). Während dieser vier Jahre wurden insgesamt 86,1% (Männer) und 78,7% (Frauen) des Trainings im niedrigen Intensitätsbereich absolviert (Erp, Sanders & de Koning; 2020). Die Thematik der Intensitätsverteilungen wurde bereits im 1. Sport Science Blog behandelt („Intensitätsverteilungen im Ausdauersport – wie trainieren Spitzenathleten?“).
Im Moment wird dem LIT Training aufgrund des High-Intensity-Intervall-Training (HIIT) - Booms merklich weniger Aufmerksamkeit beigemessen als zuvor. Die Adaptionen eines gut strukturierten LIT Trainings sind jedoch essenziell, um die gewünschten physiologischen Adaptionen im Bereich der Ausdauerleistungsfähigkeit zu erreichen, beispielsweise auch um die Grundlage für ein effizientes Training in intensiveren Trainingsbereichen zu ermöglichen.
Aerobes Training über einen längeren Zeitraum bewirkt aufgrund kontinuierlicher Muskelkontraktionen, einen Anstieg der intrazellulären Kalzium Konzentration. Dieser Anstieg führt zu einer Aktivierung der calmodulin-abhängigen Kinase (CaMK). CaMK spielt, unter Anderem eine wichtige Rolle in der Bildung von Mitochondrien (Larsen, 2010). Weiteres bewirkt diese Kinase auch einen Switch von glykolytischen Typ2 Muskelfasern zu oxidativen Typ1 Muskelfasern (Yan et al., 2011). Dieser Switch der Muskelfasern führt zu einer Senkung der maximalen Laktatbildungsrate (VLAmax), sowie einer Verbesserung der oxidativen Kapazität (Ivy et al., 1980). Um das bei hoch intensiven Belastungen bzw. bei Belastungsbeginn, anfallende Laktat verstoffwechseln zu können bedarf es spezielle Transporter um den Brennstoff zu den oxidativen Muskelfasern zu transportieren. Dieser Transport geschieht mit Hilfe von den sogenannten Monocarboxylat Transporter 1 (MCT1). Diese MCT1 Transporter findet man primär an Typ 1 Muskelfasern (Bentley et al., 2009).
Zusätzlich führt das aerobe Training zu einer Zunahme des Blutvolumens und bewirkt in Kombination mit der erhöhten Mitochondriendichte, sowie einer verbesserten Kapillarisierung, eine Erhöhung der VO2max (Coyle et al., 1986). Häufig wird propagiert, dass die VO2max nur durch hochintensive Belastungen gesteigert werden kann, dabei ist ein hoher Trainingsumfang in niedrigen Trainingsbereichen unumgänglich für die Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme.
Abbildung 2: Formel VO2max nach Triathloncrew Cologne (2020). Zugriff unter: https://triathloncrewcologne.de/vo2max/
Aufgrund der Steigerung des Blutvolumens erhöht sich das Herzminutenvolumen (HMV). Die verbesserte Kapillarisierung sowie die erhöhte Mitochondriendichte bewirken eine bessere Aufnahme/Verwertung des Sauerstoffs. Somit kommt es zu einer Vergrößerung der arteriovernöse Sauerstoffdifferenz. Die Summe dieser Faktoren bewirkt eine Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme (Lundby, Montero & Joyner, 2017).
Verwendete Literatur:
Guelich, A., Seiler, S., Emrich, E. (2009). Training methods and intensity distribution of young world-class rowers. International Journal of SportsPhysiology and Performance, 4(4), 448-460.
Bentley, D. J., Roels, B., Thomas, C., Ives, R., Mercier, J., Millet, G., & Cameron-Smith, D. (2009). The relationship between monocarboxylate transporters 1 and 4 expression in skeletal muscle and endurance performance in athletes. European Journal of Applied Physiology, 106(3), 465-471.
Ivy, J. L., Withers, R. T., Van Handel, P. J., Elger, D. H., & Costill, D. L. (1980). Muscle respiratory capacity and fiber type as determinants of the lactate threshold. Journal of Applied Physiology, 48(3), 523-527.
Laursen, P., & Buchheit, M. (2019). Science and application of high-intensity interval training. Human Kinetics.
Lundby, C., Montero, D., & Joyner, M. (2017). Biology of VO2max: looking under the physiology lamp. Acta Physiologica, 220(2), 218-228.
Seiler, S. (2010). What is best practice for training intensity and duration distribution in endurance athletes? International Journal of Sports Physiology and Performance, 5(3), 276-291.
Stöggl, T., & Sperlich, B. (2014). Polarized training has greater impact on key endurance variables than threshold, high intensity, or high volume training. Frontiers in Physiology, 5, 33.
Torvik, P. Ø., Solli, G. S., & Sandbakk, Ø. (2021). The training characteristics of world-class male long-distance cross-country skiers. Frontiers in Sports and Active Living, 3, 20.
Van Erp, T., Sanders, D., & De Koning, J. J. (2019). Training characteristics of male and female professional road cyclists: a 4-year retrospective analysis. International Journal of Sports Physiology and Performance, 15(4), 534-540.
Yan, Z., Okutsu, M., Akhtar, Y. N., & Lira, V. A. (2011). Regulation of exercise-induced fiber type transformation, mitochondrial biogenesis, and angiogenesis in skeletal muscle. Journal of Applied Physiology, 110(1), 264-274.
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