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Intensitätsverteilungen im Ausdauersport - Wie trainieren Spitzenathleten?


Im Hochleistungssport gibt es bis heute keinen gemeinsamen Konsens darüber, welches Trainingskonzept zur besten Leistung bzw. Leistungsentwicklung führt (Holfelder et al. 2016). Es gibt jedoch zahlreiche Studien und Analysen dazu. Diese untersuchen, welche Auswirkungen unterschiedliche Trainingskonzepte auf die Leistungsfähigkeit haben.

Dieser Blog beschäftigt sich weniger mit den Effekten an sich, sondern eher mit der Verteilung der verschiedenen Trainingsintensitäten in der Praxis von Hochleistungssportlern.

Eine Studie von Tønnessen et al. (2014) wertete die Trainingsdaten von 11 OlympiasiegerInnen bzw. WeltmeisterInnen in Langlauf und Biathlon im Jahr vor ihrem Weltmeistertitel/Olympiasieg aus. Die Ergebnisse zeigten, dass im Durchschnitt 770±99 Stunden trainiert wurde, wobei das Ausdauertraining davon einen Anteil von 94±3% hatte. Wie dabei die Trainingszonen 1-5 definiert wurden ist in der folgenden Abbildung sichtbar.


(Abbildung1: Tønnessen et al. 2014)

Die Intensitätsverteilung sah folgendermaßen aus, 91±1% wurden im low-intensity Bereich (Zone 1-2) und 9%±1 im high-intensity Bereich (Zone 3-5) trainiert. Betrachtet man die Aufteilung der 5 unterschiedlichen Zonen wird klar, dass der mit Abstand größte Teil (86±3,4%) in Zone 1 (unter 1,2mmol Laktat) trainiert wurde. Auffallend ist, dass nur sehr wenig Training in Zone 2 (5,3±3,0%), absolviert wird, obwohl dieser Bereich in der Trainingsliteratur häufig als Grundlagentrainingsbereich angegeben/empfohlen wird.

Eine Studie von Zapico et al. (2007) analysierte das Training von U23 Rennradfahrer im Winter- und im Frühjahrstraining. Die Trainingsintensitäten wurden hierbei in 3 Zonen eingeteilt (Abbildung 2).

- Zone 1 wird hier als Intensität unter der ersten ventilatorischen Schwelle (VT1) definiert - Zone 2 umfasst den Bereich zwischen der ersten und der zweiten ventilatorischen Schwelle (VT2) - Zone 3 umfasst alles über zweiten ventilatorischen Schwelle (Abbildung 2).

Auch in Abbildung 3 ist klar erkennbar, dass der Großteil des Trainings in Zone 1 absolviert wird. Klar erkennbar ist weiters auch, dass der Anteil in Zone 3 in der Frühjahrsvorbereitung signifikant zunimmt (im Unterschied zum Wintertraining), der Umfang in Trainingszone 1 und 2 steigt aber zusätzlich noch weiter an.


(Abbildung 2: Seiler und Tønnessen 2009)

(Abbildung 3: Zapico et al. 2007)

Esteve-Lanao et al. (2005) beschäftigten sich in ihrer Studie „How Do Endurance Runners Actually Train? Relationship with Competition Performance” mit der Intensitätsverteilung von Läufern und setzten diese in Verbindung zu der Wettkampfleistung.

Auch sie kamen zum selben Ergebnis und teilten das Training in die 3 selben Intensitätszonen ein (Abbildung 4). Die Läufer trainierten im Schnitt 71% in Zone 1, 21% in Zone 2 und 8% in Zone 3.

Es konnte ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen der Trainingszeit in Zone 1 und der Wettkampfleistung hergestellt werden. Jene Athleten, die mehr Zeit in Zone 1 trainiert haben, konnten eine bessere Leistung im Wettkampf (10km Cross-Country) erzielen.



(Abbildung 4: Esteve-Lanao et al. 2005)

Stöggl und Sperlich (2015) betrachteten im Zuge eines Reviews 10 retroperspektive Studien (unteranderem diese 3 zuvor erwähnten) und kamen zum Schluss, dass die meisten der Elite-Ausdauersportler den Großteil ihres Trainings im niederintensiven Bereich trainieren und nur intensivere Trainingseinheiten im hochintensiven Bereich absolvieren.

Über 70% der Trainingsstunden entfallen in Zone 1, wenig Zeit in Zone 2 und sehr wenig in Zone 3, wobei diese Verteilung etwas von der Trainingsperiodisierung abhängig ist.

Es scheint, dass die Kombination aus HVLIT (high volume low intensity) und HIT (high intensity) den größten Effekt auf die Steigerung der Leistungsfähigkeit haben, jedoch gibt es derzeit (noch) kein optimales Trainingskonzept (Stöggl und Sperlich 2015).

Holfelder et al. (2016) kommen in deren Review auch zu der Schlussfolgerung, dass die optimale Intensitätsverteilung noch nicht gefunden zu sein scheint. Nachdem die vorliegenden Trainingskonzepte verglichen wurden, kamen sie jedoch zu dem Schluss, dass polarisiertes Training, derzeit von Elite-Ausdauersportlern am häufigsten verwendet wird und somit womöglich auch das effektivste Trainingskonzept ist.

Kritisch zu betrachten ist, dass hierbei retroperspektive Studien verwendet wurden. Die Tatsache, dass Spitzensportler ein Trainingskonzept in der Praxis anwenden, muss nicht heißen, dass dies das optimale Konzept ist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Elite Ausdauersportler in der Praxis sehr polarisiert trainieren. Der großteils des Trainings im sehr niedrig intensivem Bereich (Zone 1). Der Bereich zwischen der VT1 und VT2 wird eher gemieden und die intensiven Einheiten werden in der Zone 3 (>VT2) absolviert.

Vor allem im Hobby- und Amateursport besteht die Tendenz dazu, zu viel in mittlerer Intensität zu trainieren (Zone 2). Dies bedeutet, dass im low-intensity Bereich zu intensiv trainiert wird und im high-intensity Bereich die Intensität zu niedrig ist.

In einem der nächsten Blogs wird das polarisierte Training mit seinen jeweiligen Effekten und physiologischen Anpassungen näher erklärt und kritisch betrachtet.

Verwendete Literatur:

Esteve-Lanao, Jonathan; San Juan, Alejandro F.; Earnest, Conrad P.; Foster, Carl; Lucia, Alejandro (2005): How do endurance runners actually train? Relationship with competition performance. In: Medicine & Science in Sports & Exercise 37 (3), S. 496–504.


Holfelder, Benjamin; Schauerhammer, Sven; Bubeck, Dieter; Brack, Rolf; Brown, Niklas (2016): Polarized Training: eine systematische Übersichtsarbeit. In: Swiss Sports & Exercise Medicine 64 (2), S. 44–50.


Seiler, Stephen; Tønnessen, Espen (2009): Intervals, thresholds, and long slow distance: the role of intensity and duration in endurance training. In: Sportscience 13 (13), S. 32–53.

Stöggl, Thomas L.; Sperlich, Billy (2015): The training intensity distribution among well-trained and elite endurance athletes. In: Frontiers in physiology 6, S. 295. DOI: 10.3389/fphys.2015.00295.


Tønnessen, Espen; Sylta, Øystein; Haugen, Thomas A.; Hem, Erlend; Svendsen, Ida S.; Seiler, Stephen (2014): The road to gold: training and peaking characteristics in the year prior to a gold medal endurance performance. In: PloS one 9 (7), e101796.


Zapico, A. G.; Calderon, F. J.; Benito, P. J.; Gonzalez, C. B.; Paris, A.; Pigozzp, F.; SALVO, V. (2007): Evolution of physiological and haematological parameters with training load in elite male road cyclists: a longitudinal study. In: Age (years) 20 (1.9), 20-1.9.

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